Die Zukunft der Werbung
Nachdem der Werbemarkt für Jahrzehnte von Printanzeigen, Plakaten, TV- und Radiospots dominiert wurde, kommt langsam wieder Schwung in den traditionellen Werbesektor. Für Antrieb sorgt, wie in vielen Bereichen, das immer leistungsfähigere Internet. Werbung wird zielgerichteter, individueller und messbarer als jemals zuvor – gleichzeitig können auch kleine Unternehmen immer häufiger mit denselben Mitteln arbeiten wie die großen. Die Zukunft der Werbung sieht sich mit spielentscheidenden Innovationen konfrontiert.
Werbung wohin das Auge sieht. Täglich erreichen den normalen Konsumenten mehr als 6.000 Werbekontakte. Am Abend erinnern kann er sich an sage und schreibe drei. Kein Wunder also, dass die Werbeindustrie nach immer neuen Wegen sucht, ihre Werbebotschaften an die Frau oder den Mann zu bringen.
Klassische Marketinginstrumente müssen sich die Werbebudgets immer stärker mit neuen Werbeformen teilen. Bereits für das Jahr 2014 wird prognostiziert, dass die Ausgaben für reine Onlinewerbung bei 4,29 Milliarden Euro liegen werden. Die Budgets für TV-Werbung, von prognostizierten 4,27 Milliarden Euro, werden damit erstmalig überschritten.
Dabei steckte die Onlinewerbung noch vor wenigen Jahren bis zum Hals in einer Krise. Das Problem waren die neuaufkommenden Smartphone und Tablet-Computer, welche naturgemäß weniger Werbefläche zulassen. Ausgefeilte Werbebanner und ganze Werbespots funktionierten auf dem heimischen großen PC-Bildschirm dank schnellerer Internetverbindungen wunderbar. Doch durch die rasante Verbreitung des mobilen Internets liefen viele dieser Anzeigen plötzlich ins Leere. Schlimmer noch: Durch die kleinen Bildschirme werden herkömmliche Werbebanner als aufdringlich und störend empfunden. Hier liegt ganz klar eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Die steigenden Aktienkurse von facebook sind jedoch ein Indikator dafür, dass es in diesem Feld bereits Fortschritte zu verzeichnen gibt. War das mobile Geschäft zum Börsengang vor einem Jahr noch die größte Schwachstelle des Unternehmens, macht es nun etwa 41% des Gesamtumsatzes aus.
Wer auf mobilen Endgeräten positiv auffallen möchte, benötigt elegantere Lösungen. Auch Werbeartikel können hier Brücken schlagen. Dank QR-Code werden Ihre Promoartikel zum Weblink. Der gescannte Code leitet den Nutzer direkt zur Internetseite des Werbenden weiter. Dieser Multi-Channel-Ansatz transportiert Ihre Werbebotschaft dank hohem Involvement nicht nur kreativ, sondern auch einprägsam.
Einen weiteren Ansatz für interaktive Werbung bieten Smart-TVs. Der Hoffnungsträger der Fernsehindustrie verbindet herkömmliches TV-Programm mit den Vorzügen des Internets. Auch Apps wie Skype oder YouTube laufen auf den neuen Geräten. Für einen Durchbruch fehlt der aktuellen Fernsehergeneration allerdings noch der wichtige Branchenstandard. Während im mobilen Bereich die meisten Telefone mit Googles Android oder iOS laufen, was die Programmierung rentabler Applikationen enorm erleichtert, nutzt jeder Fernseher sein eigenes Betriebssystem. Damit eine App also überall funktioniert, muss Sie x-mal angepasst oder neuprogrammiert werden. Interessant wird diese Plattform für Werbetreibende also erst bei einer stärkeren und standardisierten Verbreitung. Personalisierte und erschreckend genau messbare Werbeformen auf dem heimischen TV-Gerät werden erst durch die Anbindung des Internets machbar. Ein lang gehegter Traum der Werbeindustrie.
Neue Vergütungssysteme
Pay-per-gaze (dt. etwa Blickkontaktpreis) – so heißt das neu vorgestellte Vergütungssystem von Google. Nach dem Klick-Preis bei herkömmlichen Textanzeigen in Suchmaschinen soll nun der bloße Blickkontakt die Zahlungsbasis bilden. Nötig wird dies durch Innovationen wie Google Glass – einer Datenbrille, welche einen Bildschirm in die obere rechte Ecke des Blickfelds des Trägers „projiziert“.
Google Glass könnte auch von einer weiteren Innovation profitieren: „Location based Advertising“ soll über spezielle Mülltonnen bis auf wenige Meter genau erkennen, wo sich eine Person befindet, um entsprechende Werbung auf deren Smartphone auszugeben. Eigens für diesen Zweck sollen alle öffentlichen Abfalleimer in Großstädten mit kabellosen Datenübertragungssystemen ausgerüstet werden. Gerade für den Einzelhandel mit beschränktem Einzugsgebietet könnte diese Werbeform einem Befreiungsschlag gleichkommen, kämpfen klassische Geschäfte doch schon seit Jahren mit rückläufigen Kundenzahlen.
Denkt auch einer an den Datenschutz?
Verfahren, wie das „Location based Advertising“ rufen natürlich auch Datenschützer auf den Plan: Können solche Methoden genutzt werden, um die Bewegungen von Personen auszuspionieren? Will man wirklich kontinuierlich seinen genauen Standort an ein Werbeunternehmen sende?. Noch tiefschürfender gehen die Möglichkeiten, die Microsoft schon bald Webekunden (zumindest theoretisch) bereitstellen könnte. Die bald erhältliche Xbox One beinhaltet bereits in der Standardedition ein Kamerasystem, welches alle Aktivitäten vor dem Fernseher mit räumlicher Genauigkeit einfangen und auswerten könnte, um diese Erkenntnisse für personalisierte und optimierte Werbung zu nutzen. Ob dieser Einschnitt in die Privatsphäre zu weit geht oder schon bald akzeptierter Status Quo sein wird, muss die Zukunft zeigen.
Nach vielen Jahren des Experimentierens ist Internetwerbung erwachsen geworden. Das Experimentieren geht zwar noch immer weiter, jedoch werden schon jetzt viel größere Budgets von mehr und größeren Unternehmen investiert. Aber wie für die NSA gilt auch für die Werbewirtschaft: Nur weil es technisch möglich ist, muss es nicht auch gemacht werden. Werbung sollte auch in Zukunft ethisch vertretbar bleiben. Dass sich Konsumenten nicht alles gefallen lassen, zeigt die weite Verbreitung von AdBlockern die so manchem Werbeanbieter das Geschäft gehörig vermiesen. Es bleibt spannend, welches Gleichgewicht aus Werbekontaktmenge, Privatsphäre und Akzeptanz in Zukunft erreicht werden kann.
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